Nachhaltigkeitsberichterstattung bei der Bergzeit GmbH
Auf einen Blick
Klimaziele und -strategien
Dienstleistungen Tourismus
250-499
Bundesweit
Beschreibung
In aller Kürze
- Doppelte Wesenlichkeit und EMAS
- Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit
- Synergien erzeugen durch Austausch mit Stakeholdern und Partnern
- Herausforderungen mit Wirtschaftsprüfern und Partnern bewältigen
Interview
Die Bergezeit GmbH aus Otterfing in Bayern vertreibt seit 25 Jahren Outdoortaustrüstung, betreibt einen Seconhand-Shop und bietet Ökostrom an. Das Unternehmen ist EMAS zertifiziert und ab dem Jahr 2026 berichtspflichtig. Unsere Projektreferentin Svenja Seegers hat mit Jule Schneider, CSR-Managerin, über die Vorteile und Herausforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung gesprochen.
Was macht Ihr Unternehmen generell und speziell im Bereich Nachhaltigkeit?
Bergzeit ist ein Anbieter von Outdoor-Ausrüstung mit zwei stationären Geschäften in Oberbayern, wobei der Großteil unseres Umsatzes über den Onlinehandel erzielt wird. Seit der Gründung im Jahr 1999 ist das Unternehmen stetig gewachsen und beschäftigt heute rund 380 Mitarbeitende. Im Jahr 2017 begann Bergzeit, das Thema Nachhaltigkeit systematisch anzugehen. Eine eigene Nachhaltigkeitsbeauftragte wurde eingestellt und drei Jahre später entwickelte das Unternehmen eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Vor dieser Phase orientierten wir uns an Programmen wie Ökoprofit und EMAS. 2021 sind wir der Science Based Targets Initiative (SBTi) beigetreten und haben uns verpflichtet, auf wissenschaftlich fundierte Weise unsere CO2-Emissionen zu senken.
Darüber hinaus betreiben wir einen eigenen Secondhand-Shop (RE-USE), um den Lebenszyklus von Outdoor-Produkten zu verlängern. Neben unseren eigenen Klimazielen zu Scope 1-3, möchten wir auch unseren Lieferkettenpartner positiv beeinflussen Hier ist es unser Ziel, bis 2026 mit 80 Prozent unserer Umsätze mit Lieferanten zu machen, die nachweislich wissenschaftlich basierte Klimaziele haben. Nachhaltigkeit ist bei uns kein Zusatz, sondern in jede unserer Aktivitäten integriert.
Warum haben Sie sich als noch nichts berichtspflichtiges Unternehmen entschieden, die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Ihrem Unternehmen bereits jetzt einzuführen?
Obwohl wir nach den Anforderungen der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) erst ab 2026 berichten müssen, planen wir, die Berichterstattung bereits im Jahr 2025 für das Geschäftsjahr 2024 zu beginnen. Das gibt uns die Chance, uns rechtzeitig auf die Anforderungen einzustellen und sicherzustellen, dass wir bis zur gesetzlichen Frist vollständig vorbereitet sind.
Ein großer Vorteil war, dass wir uns bereits im Rahmen der EMAS-Zertifizierung mit dem Thema Wesentlichkeit und nicht-finanziellen Kennzahlen beschäftigt haben. Die ESRS E1 & G1 Indikatoren sind also für uns keine Neuheit. Neue Herausforderungen ergeben sich bei uns besonders aus den ESRS 3-5, sowie den Berichtsstandards rund um die Lieferkette. Hier haben wir als Händler einen begrenzten Einflusspielraum, besonders wenn wir zukunftsgerichtet an Verbesserungsmaßnahmen denken.
Welche Abteilungen Ihres Unternehmens sind besonders in den Berichterstattungsprozess eingebunden?
Das Projektmanagement zur CSRD-Implementierung liegt bei unserem CSR-Management. Für die doppelte Wesentlichkeitsanalyse sowie anschließend zur Berichtserstattung ist jedoch ein großes, interdisziplinäres Team aus den verschiedenen Ressorts zusammengestellt worden: unser CSR-Team. Hier engagieren sich Mitarbeitende aus den Fachbereichen HR, Finance, Marketing, Logistik und vielen weiteren Ressorts, um die verschiedenen Perspektiven und Blickwinkel im Unternehmen umfassend abzudecken sowie die Umsetzungsaufgaben in den Ressorts zu steuern. Diese Struktur erlaubt es uns, Nachhaltigkeit strategisch in allen Bereichen zu verankern. Dank unserer bisherigen Arbeit haben wir eine solide Grundlage geschaffen, um die Anforderungen der CSRD zu erfüllen. Wir haben gelernt, wie man Daten erfasst, klare Ziele formuliert und diese zielgerichtet umsetzt.
Wo ergeben sich interne und externe Vorteile in der Zusammenarbeit mit Stakeholdern ?
Wir haben unsere zentralen Stakeholder identifiziert und beziehen sie aktiv in unsere Nachhaltigkeitsarbeit ein. Über digitale Umfragen und persönliche Gespräche sammeln wir wertvolle Rückmeldungen zu unseren Maßnahmen und deren Auswirkungen. Die so gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt in unsere Nachhaltigkeitsstrategie ein. Eine spezielle Software unterstützt uns dabei, den gesamten Prozess transparent und effizient zu gestalten.
Im Rahmen der doppelten Wesentlichkeitsanalyse haben wir den Dialog mit unseren Lieferanten, unseren Anteilseignern, Kunden und Kundinnen, den Mitarbeitenden, wichtigen Dienstleistern sowie Wettbewerbspartnern gesucht, um gemeinsam die wesentlichen Themenfelder zu bestimmen. Das hat uns besonders im Bezug auf ESRS S1, S2, sowie S4 geholfen, die Wesentlichkeit festzustellen. Außerdem waren die Interviews ein gutes Medium, um eine Einschätzung zu den IROs, sowie möglichen Maßnahmen zu bekommen. Der Prozess hat gesamt ca. 6 Monate gedauert.
In Bezug auf unsere Wertschöpfungskette setzen wir den Fokus auf die Arbeitsbedingungen bei unseren Produzenten in Schwellenländern sowie auf den Transport und die Verpackung. Der ständige Austausch mit Lieferanten und Partnern hilft uns dabei, die Umweltauswirkungen unserer Lieferkette zu minimieren. Die Anforderungen der CSRD geben uns neue Impulse zur Weiterentwicklung unserer Maßnahmen, die wir als wertvolle Chance betrachten.
Welche Herausforderungen gab es bei der Einführung der Nachhaltigkeitsstrategien und wie haben Sie diese bewältigt?
Obwohl wir durch EMAS bereits erste Erfahrungen mit Wesentlichkeitsanalysen gesammelt haben, war die Ausweitung auf das Konzept der doppelten Wesentlichkeit eine zusätzliche Herausforderung, der wir uns gestellt haben. Die meiste Arbeit ensteht aber bei der der Implementierung der Indikatoren über das gesamte Unternehmen gestreut sowie die Einbindung in die finanzielle Berichterstattung. Für einige Kennzahlen muss erst ein Modus zur Erfassung etabliert werden. Außerdem sind wir in Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern, wie die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse optimal in die finanzielle Berichterstattung eingegliedert werden kann. Hier lernen wir mit den Prüfern gemeinsam voneinander.
Welche Empfehlungen haben Sie für andere Unternehmen, die sich auf den Weg zur Nachhaltigkeitsberichterstattung machen?
Je nach Ausgangssituation (Unternehmensgröße, frühere Berührungspunkte mit Umweltkennzahlen, vorherige Stakeholderdialoge etc.) macht es Sinn, frühzeitig anzufangen, da die ersten Kennzahlen 2025 erfasst werden müssen, bevor sie 2026 berichtet werden können. Für uns war der Dialog mit unseren Partnern und Wettbewerbern sehr hilfreich, da wir als Outdoor-Branche alle ähnliche Wesentlichkeiten haben und uns somit gut austauschen konnten, wer bereits welche Kennzahlen wie erfasst.
Die rechtliche Grundlage, sowie die Prüfungsmechanismen, sind bekanntermaßen noch in Arbeit, daher haben wir den pragmatischen Ansatz gewählt „einfach mal anzufangen“ statt auf die lückenlosen Ausarbeitungen zu warten. Das würden wir so empfehlen, denn aller Anfang ist ja bekanntlich am schwersten. Außerdem helfen der Austausch mit Partnern, sowie die Lernunterlagen und freien Webinare von Netzwerken und Brancheninitiativen.
Weitere Informationen
Für weitere Informationen können Sie sich an die Bergzeit GmbH wenden.
Zum Unternehmensprofil auf der UNK Plattform.
Quellenangabe
Datum
Zuletzt geändert am 30. September 2024Verwandte Artikel
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