Erfassung von Energieverbräuchen mittels Energielandkarte
Auf einen Blick
Energieeffizienz
Industrie
250-499
Bundesweit
Mittelfristig (2 bis 6 Monate)
Hoch
Beschreibung
Ob Wärme, Strom oder Erdgas – Unternehmen verbrauchen in der Regel viel Energie und bieten damit auch vielfältige Ansatzpunkte, um ihre Energieeffizienz zu steigern. Vorausgesetzt, sie kennen ihre energetische Situation und wissen, wo ihre Verbräuche und Potenziale liegen.
Einordnung
Auf einer Energielandkarte werden sämtliche Energiequellen, Infrastrukturen, Verbräuche und Einsparpotenziale eines Unternehmens dargestellt. Für die Anfertigung einer solchen sog. Karte werden alle ermittelten Energiemengen und -flüsse eines Betriebes optisch in einem Lageplan verzeichnet. Diese Form der Darstellung hat den Vorteil, einfach und nachvollziehbar über die energetische Situation eines Betriebes zu informieren. In der Landkarte können dazu verschiedene Ebenen übereinandergelegt werden, sodass in der Darstellung der Energiemengen zwischen dem ganzen Betriebsgelände sowie einzelnen Gebäuden, Produktionsbereichen oder Maschinen unterschieden werden kann.
Daher gilt: Je detaillierter und umfangreicher die jeweiligen Energiemengen erfasst werden, desto ausführlicher und nützlicher wird die Energielandkarte.
Umsetzung
Vor der Anfertigung sollte der konkrete Detailgrad der Karte festgelegt werden. Danach beginnt die Energieeinsatzanalyse, bei der die Verbrauchsdaten aus den Rechnungen der Energieversorger genutzt werden.
Nun kann mit einer Verbraucheranalyse gestartet werden. Um die energieintensiven Prozesse und Anlagen des Unternehmens zu identifizieren, werden sämtliche Anlagen und weitere Verbraucher vor Ort begutachtet.
Auf Basis von Anschlusswerten, Abschätzungen zu Betriebszeiten, Zählerablesungen und ggf. temporären Messungen können die Energieverbräuche für die jeweiligen Energiemedien ihren Verbrauchern zugeordnet werden.
Darauffolgend werden die wesentlichen Einzelverbraucher tabellarisch dargestellt. Die Tabelle enthält je nach Verfügbarkeit Angaben von Typenschildern oder weitergehenden technischen Dokumentationen. Unter wesentlichen Einzelverbrauchern sind laut einschlägigen Bestimmungen diejenigen Verbraucher zu verstehen, welche in Summe mindestens 90 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs ausmachen. Daher ist es möglich, dass die vereinfachte Energiebilanz nicht den gesamten Energieeinsatz abdeckt.
Nach den Einzelverbrauchern werden alle Wärmequellen und -senken erfasst. Sie geben an, an welchen Stellen es Potenzial zur Nutzung bestehender Abwärme gibt. Der Einsatz von Farben und Symbolen kann helfen, die wichtigsten Punkte gut sichtbar dazustellen.
Einen ersten Überblick über Wärmequellen kann die Messung mit einer Wärmebildkamera geben. Auch genauere Temperaturniveaus lassen sich mit ihr bestimmen. Zum Abschluss der Datenerhebung sollte stets eine Plausibilitätsprüfung erfolgen. Dafür werden alle aufgenommenen Energiedaten mit den Gesamtenergiedaten und die Energiedaten der Wärmequellen und -senken mit den Verbrauchsdaten verglichen. Auf diese Weise können größere Abweichungen erkannt und versehentlich übersehene Verbraucher noch erfasst werden.
Bevor die Daten in die Energielandkarte eingetragen werden, hilft es, die Verbraucher zu kategorisieren. Das schafft eine bessere Übersichtlichkeit. Kategorien könnten sein: Prozessreihen, Energieträger, Abwärme oder Maschinen des gleichen oder ähnlichen Typs.
Soll eine Energielandkarte auch Informationen zu Einsparpotenzialen enthalten, bedarf es der Verwendung sogenannter Energieleistungskennzahlen. Durch sie ist es möglich, die Effizienz des Energieverbrauchs zu bewerten und damit mögliche Stellschrauben zur Optimierung zu identifizieren. Zur Unterstützung können Energieexpertinnen und -experten oder Energieberatende hinzugezogen werden. Diese können sich die vorläufige Karte anschauen und daraus schnell Energieeinsparpotentiale identifizieren.
Erste Schritte bei der Umsetzung
Festlegung Rahmenbedingungen
Energieeinsatz-, Verbraucheranalyse
Wärmequellen und -senken erfassen
Plausibilitätsprüfung
Kategorisieren der Energiemengen
Übertragung in Landkarte
Potenzialabschätzung
Herausforderungen und Lösungsansätze
Eine große Herausforderung ist es, alle benötigten Daten für die Verbraucheranalyse zusammenzutragen. Wenn ein Energiemanagementsystem vorhanden ist, können daraus viele Daten verwendet werden. Alternativ müssen Messungen vor Ort durchgeführt werden.
Je nach Betriebsgröße und Umfang der Energielandkarte kann die Darstellung, zum Beispiel mittels eines PDF-Viewers, schnell unübersichtlich werden. Eine klar festgelegte Struktur, zum Beispiel über fest definierte Farben und über Abgrenzung der zu priorisierenden Energieeinsätze und Verbräuche, sorgt für eine einfache, nachvollziehbare Darstellung. Mittels Webanwendungen wie dem kostenlosen Energie-Tool der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks können zum Beispiel Darstellungen und Visualisierungen von betriebsspezifischen Energiedaten realisiert werden. Dieses Tool eignet sich insbesondere für KMU und Handwerksbetriebe.
Praxisbeispiel
Identifizierung und Umsetzung von Einsparmaßnahmen dank Energielandkarte
Ein mittelständisches Unternehmen, das Spezialriemen anfertigt, vermutet hinter dem eigenen Gasverbrauch für die Gebäude sehr hohe Verluste und gibt daher die Erstellung einer Energielandkarte in Auftrag.
Durch die Ermittlung der Wärmemengen und die Erstellung der Energielandkarte durch einen Dienstleister werden mehrere Energieeffizienzpotenziale in der Wärmeversorgung der Gebäude gefunden.
So wird aufgedeckt, wie hoch die tatsächlichen Verluste durch die ineffiziente Erzeugung der Wärme in Dampfkesseln und die langen Transportwege sind.
Durch die Umstellung von Dampf auf Warmwasser mittels modernen Gasbrennwertthermen werden deutliche Einsparungen errechnet. Aus der Energielandkarte können dabei Vergleichswerte genutzt und dadurch Potenziale erkannt werden. Sie unterstützt bei der praktischen Umsetzung, die optimalen Installationspunkte zur Energieeffizienzsteigerung zu ermitteln. So wurde zusätzlich erkannt, dass mittelfristig eine Solarthermie-Anlage die Heizung in Übergangszeiten unterstützen kann und langfristig eine Wärmepumpe im Winter die Grundlast bereitstellt, sodass nach der vollumfänglichen Umstellung die Gasheizung lediglich die Spitzenlast an besonders kalten Tagen zur Verfügung stellt.
Der Wirkungsgrad der Dampfkessel liegt bei nur 58 Prozent, was zu einem Energiebedarf von rund 1.650.000 kWh/ a führt. Der Wirkungsgrad der Gasbrennwertthermen liegt dagegen bei 95 Prozent, was einen deutlich geringeren Energiebedarf von etwa 1.007.400 kWh/ a zur Folge hat. Die Kosten für die Installation der Gasbrennwerttherme liegen bei rund 150.000 € und für weitere Umbaumaßnahmen bei 100.000 € für die Installation.
Unternehmensgröße | MIttel |
Investitionssumme | 250.000 € |
Energieeinsparung (Strom)/ a | - |
Energieeinsparung (Gas)/ a | 642.600 kWh |
CO2-Einsparung/ a | 129 t |
Kosteneinsparung | 70.686 €/ a |
Amortisationszeit | 3,5 Jahre |
Kapitalwert | 658.263 € |
Nutzungsdauer | 15 Jahre |
Quellenangabe
Partner
Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerke
Die Factsheets zu Kurzfristmaßnahmen für Energieeinsparung und Energiesubstitution werden von der Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke publiziert. Seit 2014 unterstützt die Netzwerkinitiative Unternehmen dabei, sich in Netzwerken auszutauschen. Die Initiative wird von 21 Verbänden und Organisationen der Wirtschaft gemeinsam mit der Bundesregierung getragen und von zahlreichen weiteren Projektpartnern unterstützt. Dieses Factsheet entstand in Kooperation mit der Limón GmbH und IRESS GmbH - Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien.Website öffnen
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Ziel der Energiewechsel-Kampagne des BMWK ist es, die gesamte Gesellschaft zum Energiesparen zu aktivieren - von den Bürgerinnen und Bürgern, über Verbände und Unternehmen, bis hin zu den Kommunen.Website öffnen
Datum
Zuletzt geändert am 06. Februar 2024Verwandte Artikel
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